Nightwish - Esch/Alzette(Lux) - 16.12.15

Obwohl ich seit einigen Jahren den härteren Klängen zugeneigt bin, sind Nightwish nach wie vor bei mir ganz hoch im Kurs, waren sie doch in den letzten 15 Jahren eine der wichtigsten Inspirationsquellen für mich. Zwar lege ich die CDs der Finnen mittlerweile eher selten in den Player, dennoch begreife ich mich auch heute noch als Fan der Band.

Vor mehr als 10 Jahren (im Februar 2005!) hatte ich Nightwish das erste und bislang einzige mal live gesehen, damals noch mit Tarja. In den Jahren nach Tarjas Rausschmiss wurden teils schwache ("Dark Passion Play"), teils passable ("Imaginarium") Platten veröffentlicht und erst der Abschied von der unsäglichen Heulboje Anette Olson und der Einstieg von Floor Jansen machten Nightwish für mich wieder interessanter. Und nun konnte ich mir endlich live ein Bild davon machen, ob Nightwish ein reines Bandprojekt von Tuomas mit wechselnder Besetzung am Mikro sind, wie ich es vermutet habe, oder ob die Band mehr ist als eine große Geldmaschinerie.

 

Nightwish bringen für rund 40 Euro nicht nur eine Spielzeit von 2 Stunden mit, sondern auch zwei große Namen als Supportbands: Amorphis und Arch Enemy! Daumen hoch dafür!!!

Amorphis waren nie wirklich meine Band und werden es auch nicht mehr werden, jedoch gefallen mir die Finnen heute klar besser als bei dem Co-Headlinerauftritt auf dem Summerbreeze 2013. Die Songauswahl ist einfach gelungener und so heizen Amorphis der immer wieder genialen Rockhal ordentlich ein.

 

Arch Enemy hatte ich noch nie gesehen. Der Wechsel der Frontfrau tut der Band gut: Alissa ist genauso dominant wie Angela, dabei agiler und eher etwas fürs Auge als ihre Vorgängerin. Allerdings ist sie auch affiger und gewollt böse in ihren großen Gesten, fast schon nervig- und die "Schulterpolster" erinnern ein wenig an die Jungs von Dark Funeral oder auch an Danny Filth. Abseits der Frontgrunze hat Arch Enemy als Band erstaunlich wenig zu bieten. Die Songs sind langweilig und nervtötend, jagt doch ein Break das nächste, immer wieder unterbrochen mit misslungenen Soli! Kaum vorzustellen, würde am Mikro ein typischer, langhaariger 100-Kilogramm-Hühne stehen oder wäre die Sängerin 15 Jahre älter und schwergewichtig...dann wären Arch Enemy allenfalls eine Randnotiz. Eine Bande unfähiger Musiker, die keine Songs schreiben können! Daumen hoch für die Stimme von Alissa, Daumen runter für den Rest dieser viel zu hoch dotierten Band!

 

Um kurz vor 10 entern dann endlich Nightwish die Bretter. Die Bühne ist erst einmal ein wenig ernüchternd: Ein großes Drumkit in der Mitte, rechts eine Art Mini-Erd-Geysir für Troy und seine lustigen Instrumente, links Tuomas mit seinen Keys und einem kargen Baum, der aus der Bühne zu wachsen scheint, im Hintergrund Leinwände. Irgendwie hatte ich eine spektakulärere Bühne erwartet, mit Laufstegen und Erhöhungen...jedoch braucht die riesige Floor Jansen diese überhaupt nicht. Und bis auf Emppu ist ohnehin kaum Bewegung auf der Bühne zu verzeichnen. Aaaaaber: Die Finnen haben allerhand Pyrotechnik mitgebracht und die(!) überzeugt auf ganzer Linie! Feuerfontainen, Strobo-Feuerwerk, das sich teils sogar dreht und von der Bühnendecke nach unten rieselt bzw. von unten nach oben saust in kleinen Bällen, Sprühregen und vor allem: Bomben! Jawoll!!! Sehr geil!

 

Bei allem Brimborium kommen Nightwish jedoch anfangs nur schleppend in Gang: Mit zwei Songs des neuen Longplayers "Endless forms most beautiful" zu starten ist keine gute Idee! Der Sound ist glasklar, jedoch ist die Gitarre nur zu erahnen und so klingen Nightwish vor allem bei den neuen Songs fast poppig! Und dabei fällt auch auf, dass Jukka an den Drums schmerzlich vermisst wird. Zwar macht Ersatz Kai seine Sache sehr ordentlich und knattert präzise wie ein Uhrwerk, jedoch ist sein Drumming seelenlos und monoton! Fast könnte man meinen, ein Drum-Computer sorge für den Rhythmus!

Seelenlos trifft den Auftritt insgesamt irgendwie (auch wenn dies vielleicht etwas hart ist), denn Nightwish lassen- wie auch schon 2005- die Nähe zu den Fans und die Begeisterung für das, was sie tun, vermissen! Mit einer Ausnahme: Floor Jansen! Die Holländerin ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken und ist ihrer Vor-Vorgängerin Tarja in jeder Beziehung überlegen: Floor ist die bessere (Live-)Sängerin, die bessere Entertainerin, sie strahlt mehr Freude aus und hat die Halle viel besser im Griff. Das Problem ist nur- noch eine Parallele zu 2005- dass die Halle größtenteils aus Ü45-Menschen besteht, die mit Metal aber auch gar nichts zu tun haben. Das Problem mit dem Publikum haben nicht nur Nightwish, sondern auch Bands wie Epica und Within Temptation, aber dafür kann die Band ja nichts.

Dass Nightwish aus dem Metal kommen zeigen sie im Laufe der 2 Stunden mit alten Krachern wie "Stargrazers"(Floor kann es ja doch! Toller, klarer, hoher Gesang!) oder auch "Ghost Love Score", auch wenn die ganz großen Hits an diesem Abend fehlen: Wo waren "Wishmaster", "The Kinslayer", "The Phantom of the Opera" oder auch "Dark Chest of Wonders"? Da nützt auch eine schwache "Nemo"-Version nichts. Die Setlist enthält einfach zu viele Rohrkrepierer! Versöhnlich stimmt dann die letzte Viertelstunde mit "Last Ride of the Day" und "The Greatest Show on Earth", die mit viel Feuer und einem Knall ("We were here") zu Ende geht und die Fans in der Rockhal nach 2 Stunden Spielzeit zufrieden zurücklässt! 

 

Ein gutes Konzert mit einem wahnsinns Preis-Leistungs-Verhältnis, drei tollen Sängern und jeder Menge Schauwerte! Jedoch auch ein unterkühlt- durchkomponiertes Event von Nightwish, das zuweilen etwas seelenlos wirkt!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

Kontakt

Hinweis: Bitte die mit * gekennzeichneten Felder ausfüllen.